Der Spiegel, November 19, 2010: Difference between revisions
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<center><h3> Rockmusiker Elvis Costello: <br> "Plattenfirmen sind wie Banken" </h3></center> | <center><h3> Rockmusiker Elvis Costello: <br> "Plattenfirmen sind wie Banken" </h3></center> | ||
Punk machte ihn berühmt. Heute pflegt er Songwriter-Tugenden: Im Spiegel-Oonline-Interview erklärt Elvis Costello, warum selbst Stars wie er nicht auf Musikkonzerne verzichten können, Wirtschaftsbosse Verräter sind - und sein neues Album sein letztes sein könnte. | Punk machte ihn berühmt. Heute pflegt er Songwriter-Tugenden: Im Spiegel-Oonline-Interview erklärt Elvis Costello, warum selbst Stars wie er nicht auf Musikkonzerne verzichten können, Wirtschaftsbosse Verräter sind - und sein neues Album sein letztes sein könnte. | ||
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<center> Andreas Borcholte </center> | <center> Andreas Borcholte </center> | ||
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''Mister Costello, Sie haben gerade Ihr 30. Album herausgebracht. '' | ''Mister Costello, Sie haben gerade Ihr 30. Album herausgebracht. ''National Ransom'' ist ein Doppelalbum mit Songs, die amerikanischen Rock, Jazz und Country aus den vergangenen hundert Jahren zelebrieren. Teilweise veröffentlichen Sie es auf altmodischen 78er-Vinylplatten. Können Sie eigentlich tun und lassen, was Sie wollen? | ||
Costello: Also zunächst mal habe ich mich noch nie darum gekümmert, was sogenannte Musik-Autoritäten meinen, egal, ob es Kritiker oder Plattenfirmen sind. Diese Leute kaufen keine Platten. Die einzigen Leute, auf die es ankommt, sitzen im Publikum. Aber nicht einmal die habe ich im Hinterkopf, wenn ich Songs schreibe. Ich versuche, über so etwas überhaupt nicht nachzudenken. Worüber ich nachdenke, ist, ob ich so ein Album wie ''National Ransom'' überhaupt noch einmal machen kann. | Costello: Also zunächst mal habe ich mich noch nie darum gekümmert, was sogenannte Musik-Autoritäten meinen, egal, ob es Kritiker oder Plattenfirmen sind. Diese Leute kaufen keine Platten. Die einzigen Leute, auf die es ankommt, sitzen im Publikum. Aber nicht einmal die habe ich im Hinterkopf, wenn ich Songs schreibe. Ich versuche, über so etwas überhaupt nicht nachzudenken. Worüber ich nachdenke, ist, ob ich so ein Album wie ''National Ransom'' überhaupt noch einmal machen kann. | ||
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''Wenn eine unbekannte Band sich darüber beklagt, könnte man es ja verstehen, aber ist ein so bekannter und erfolgreicher Musiker wie Sie nicht wohlhabend genug, um zur Not auch ohne Plattenfirma auszukommen? | ''Wenn eine unbekannte Band sich darüber beklagt, könnte man es ja verstehen, aber ist ein so bekannter und erfolgreicher Musiker wie Sie nicht wohlhabend genug, um zur Not auch ohne Plattenfirma auszukommen? | ||
Könnte man denken, ja. Aber das meiste Geld habe ich gleich wieder in meine Arbeit investiert. Wenn Sie wie ich 1986 fünf Tage hintereinander in Los Angeles spielen, einen Abend solo, drei Abende mit | Könnte man denken, ja. Aber das meiste Geld habe ich gleich wieder in meine Arbeit investiert. Wenn Sie wie ich 1986 fünf Tage hintereinander in Los Angeles spielen, einen Abend solo, drei Abende mit den Attractions, einen mit den Confederates, dann hat man zwei verschiedene Bands vor Ort, die bezahlt und im Hotel untergebracht werden müssen. Und raten Sie mal, von wessen Geld? | ||
''Wenn Sie so fragen, dann haben Sie das wahrscheinlich aus eigener Tasche bezahlt... | ''Wenn Sie so fragen, dann haben Sie das wahrscheinlich aus eigener Tasche bezahlt... | ||
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Ich sehe es folgendermaßen: Wenn Sie Negativ-Werte zur Währung erklären, wie vor der aktuellen Finanzkrise geschehen, dann ist das ein ziemlich wahnwitziges Prinzip, das von Beginn an offen für jede Art von Missbrauch gewesen ist. Im Mittelalter wäre man dafür auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden, und zwar wegen Alchemie. Darüber hinaus ist der Grad der Gier jener Leute abscheulich, die den Leuten vorgespiegelt haben, es handele sich bei ihren Investitionen um seriöse Geschäfte. Und dann gab es da noch diese absurde Idee, den Reichtum eines Landes in die Hände eines anderen souveränen Staates zu legen. Das nenne ich Landesverrat. Und darauf steht normalerweise die Höchststrafe. | Ich sehe es folgendermaßen: Wenn Sie Negativ-Werte zur Währung erklären, wie vor der aktuellen Finanzkrise geschehen, dann ist das ein ziemlich wahnwitziges Prinzip, das von Beginn an offen für jede Art von Missbrauch gewesen ist. Im Mittelalter wäre man dafür auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden, und zwar wegen Alchemie. Darüber hinaus ist der Grad der Gier jener Leute abscheulich, die den Leuten vorgespiegelt haben, es handele sich bei ihren Investitionen um seriöse Geschäfte. Und dann gab es da noch diese absurde Idee, den Reichtum eines Landes in die Hände eines anderen souveränen Staates zu legen. Das nenne ich Landesverrat. Und darauf steht normalerweise die Höchststrafe. | ||
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{{tags}}[[National Ransom]] {{-}} [[The Attractions]] {{-}} [[The Confederates]] {{-}} [[Diana Krall]] {{-}} [[Doc Watson]] {{-}} [[Leon Russell]] {{-}} [[Vince Gill]] {{-}} [[Buddy Miller]] {{-}} [[Marc Ribot]] {{-}} [[The Imposters]] {{-}} [[The Sugarcanes]] {{-}} [[Secret, Profane & Sugarcane]] {{-}} [[T-Bone Burnett]] {{-}} [[King Of America]] {{-}} [[Spike]] {{-}} [[George Gershwin]] {{-}} [[George Jones]] {{-}} [[Jimmie Standing In The Rain]] {{-}} [[Church Underground]] {{-}} [[I Lost You]] {{-}} [[Five Small Words]] {{-}} [[All These Strangers]] | |||
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'''Der Spiegel, November 19, 2010 | '''Der Spiegel, November 19, 2010 | ||
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[[Andreas Borcholte]] interviews Elvis Costello about ''[[National Ransom]]''. | [[Andreas Borcholte]] interviews Elvis Costello about ''[[National Ransom]]'' and reviews the album. | ||
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[[Image:2010-11-19 Der Spiegel photo 01.jpg|240px]] | [[Image:2010-11-19 Der Spiegel photo 01.jpg|240px]]<br> | ||
<small>Photo Credit: [[Gareth Cattermole]]/Getty Images</small><br> | |||
[[Image:2010-11-19 Der Spiegel photo 02.jpg|240px]]<br> | |||
<small>Costello mit seiner zweiten Gattin, der Jazz-Sängerin Diana Krall: "Meine Frau und ich arbeiten, wir gehen ständig auf Tournee, um unseren Kindern und uns ein gutes Leben zu garantieren."<br>Photo credit:[[Jemal Countess]]/Getty Images</small><br> | |||
[[Image:2010-11-19 Der Spiegel photo 03.jpg|240px]]<br> | |||
<small>Ex-Punk Costello: "Jede Zeit hat ihre Vor- und Nachteile, und die Zeit, in der wir leben, ist nun einmal die einzige, die wir haben."<br> Photo credit:[[Jason Kempin]]/Getty Images</small> | |||
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<center><h3> | <center><h3> Elvis Costello - "''National Ransom''" </h3></center> | ||
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<center> | <center> Andreas Borcholte</center> | ||
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So verliebt ist Elvis Costello in den Vintage-Sound seiner neuen Platte, dass er einige Songs in limitierter Auflage auf Vinyl pressen lässt, das man mit 78 RPM abspielen muss. Ältere werden sich erinnern, doch kaum jemand wird noch einen Plattenspieler mit dieser dritten Geschwindigkeits-Option besitzen, noch nicht einmal der allseits geliebte MK Zwo hat sie. Costello, könnte man hämen, ist also endgültig da angekommen, wo er immer hinwollte: Im Damals und im Kreise jener großen alten Männer, die er so verehrt. Einem, dem greisen Bluegrass-Veteranen Doc Watson, widmet er sogar einen ganzen Song auf "''National Ransom''". Andere alte Recken spielen im Hintergrund mit, wenn der Brite irischer Abstammung erneut das ganze Spektrum amerikanischer Musik des 20. Jahrhunderts durchschreitet: Leon Russell, Vince Gill, Buddy Miller und Marc Ribot sind Stargäste neben den Imposters und den Sugarcanes. Produziert wurde das Album, wie schon der Vorgänger "''Secret, Profane & Sugarcane''" von T-Bone Burnett, der Costello bereits in den Achtzigern mit "''King Of America''" und "''Spike''" das Great American Songbook aufschlug. Entschuldigung, man muss all diese Namen und Titel aufzählen, denn vor allem ist "''National Ransom''" ein weiteres Musiker-Album geworden, an dessen gediegener, an elf Tagen in Nashville live eingespielter Produktion sich Mucker aller Generationen ergötzen sollen und werden. Wir reden hier über Grammy-Material, mit allen staubigen Grand-Ole-Opry-Implikationen, die das mit sich bringt. Hinter diesem etwas anstrengenden Musterschüler-Anspruch Costellos, mehr Memphis, mehr Gershwin, mehr George Jones zu sein als die Originale, könnte man glatt übersehen, dass der Ex-Postpunk einige seiner besten - und rührendsten Songs seit langem verfasst hat: "Jimmy Standing In The Rain" ist eine hinreißend traurige Loser-Ballade im Vaudeville-Stil, "Church Underground" ein wortmächtig-hintersinniger Gospel, "I Lost You" und "Five Small Words" feinster Country - und "All These Strangers" der Abschluss-Crooner, der all diese Geschichten über Verlust, Versagen, Defizite und Depression auf den Punkt bringt. "''National Ransom''" ist nämlich auch ein sarkastisches Album über die Finanzkrise, vom Schwarzen Freitag 1929 bis zum aktuellen Börsencrash. Hoffentlich hören es nicht nur alte Männer. | |||
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*[http://www.spiegel.de/kultur/musik/rockmusiker-elvis-costello-plattenfirmen-sind-wie-banken-a-727960.html | *[http://www.spiegel.de/kultur/musik/rockmusiker-elvis-costello-plattenfirmen-sind-wie-banken-a-727960.html Spiegel.de] | ||
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